Ein sättigender Selbstversuch
Kann der Weihnachtsmarkt zur kulinarischen Kultstätte werden? Ist es möglich, ein abwechslungsreiches Menü zu kreieren? Auf den ersten Blick scheint die Auswahl groß. Wir haben ein zweites Mal hingeschaut und drei Drei Gänge-Menüs zusammengestellt …
Ob der Weihnachtsmarkt nun zu früh begonnen hat oder gar nicht früh genug anfangen konnte, steht nicht mehr zur Debatte, wenn es ums Essen geht. Genau für diese Zeit, genau für diesen Ort haben sich alle mit Diäten durch den Sommer gequält und abgenommen, um jetzt ohne Reue ihren Heiß- hunger auf Bratwurst, Crêpes, Reibekuchen und Co. zu stillen. Die seinerzeit gepurzelten Pfunde sind bereit, wieder zurückzukehren, Winterjacken, Mäntel und Pullis sind jederzeit in der Lage, diesen Vorgang zu kaschieren. Nichts spricht also gegen ein Menü, bei dem jeder sein Fett abkriegt.
Weihnachtsmarktliche Hausmannskost
Wer vom Luisenplatz zum Schloss unterwegs ist, dem wehen die Dämpfe frisch gebrannter Maronen am Friedensplatz in die Nase. Die bei Denis Hausmann zubereiteten Maronen sind das Entree des ersten Weihnachtsmarktmenüs.
Wer ohne großes Warten den Hauptgang serviert bekommen will, sollte zielstrebig Richtung Ratskeller flanieren. Hier gibt es den von Michael Hausmann betriebenen Schlemmerpalast, der Frikadellenbrötchen und das angelsächsische Pendant, den Burger, reicht. Natürlich ist alternativ auch eine Rindsbratwurst im Repertoire.
Für das Dessert flaniert man – diesmal vielleicht etwas weniger zielstrebig – zurück zum Friedensplatz, wo sich die Frage stellt: Schokofrüchte oder Liebesapfel?
Vegetarische Vielfalt
Weihnachtsmarktzeit ist Bratwurstzeit. Aber auch die Nachfrage nach einer vegetarischen Alternative ist groß und, ganz ohne auf einen Veggie-Trend zu springen, hat der Weihnachtsmarkt auch für Vegetarier*innen die richtigen Zutaten parat. Als Entree serviert Nungesser’s Schlemmerhütte – typisch deutsch – in Bierteig frittierten Blumenkohl, als leichtere Variante frische Champignons mit Soße nach Wahl. Gut zu erkennen ist der Stand in der zweiten Reihe auf dem Marktplatz an seinem großen Schild.
Beim Hauptgang wird´s international: Darmstadts Schweizer Partnerstadt Saanen-Gstaad bringt Raclette – die Landes-Hauptspeise – direkt vors Scoozi. Diejenigen, für die Käse so gar kein Gaumenschmaus ist, finden gegenüber vom Weißen Turm ein Hütte, in der es süße oder salzige Reibekuchen gibt.
Mit dem Dessert vollendet sich der vegetarische Länderdreiklang. Direkt an der Bahn-(nicht Bus!)Haltestelle Schloss bietet Spagerer französische Crêpes in größter Vielfalt – als Klassiker mit Zimt-Zucker und Apfelmus, Sauerkirschen, Banane-Nutella oder, oder…
Kindermenü
Wer kulinarisch mit Kindern unterwegs ist, wird auch fündig. Denn auch für die kleinen Besucher gibt es ein großes Angebot. Das Salm-Weihnachtsdorf am Weißen Turm bietet alle Hauptgänge an einem Platz, ob die Kleinen Bock auf Bratwurst, Currywurst, mit oder ohne Pommes, oder gar ein Fischbrötchen haben. Als Dessert sind gebrannte Mandeln oder ein Schaumkuss von einem der vielen Süßwarenstände zu empfehlen, ein Kinderpunsch macht das Weihnachtsmarkterlebnis komplett.
Flüssig Brot
Weihnachtsmarkt wäre kein Weihnachtsmarkt ohne klebrige Hände von überschwappenden Glühweingläsern. Befüllen lassen sich die Gläser an den unterschiedlichsten Ständen – mit Glühwein natürlich, mit Glühbier, Feuerzangenbowle oder – passend zu Darmstadt – mit Heinerpunsch.
Wer dann irgendwann satt ist, genug getrunken hat und nachdenklich vor dem untypisch schlanken Weihnachtsmann auf dem Marktplatz steht, bekommt vielleicht ein schlechtes Gewissen. Und kann zum Abschluss noch ein paar Schritte gehen – zurück zum Luisenplatz, um mal bei der Krippe vorbeizuschauen – nicht nur wegen des schlechten Gewissens. Wir jedenfalls können den Weihnachts- markt kulinarisch mit gutem Gewissen empfehlen.
(Dieser Text wurde im FRIZZ Magazin Darmstadt | Dezember 2017)